Inhaltsangaben der Vorträge
Hauptvortrag - Prof. Dr. Wolfram Hergert, Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
Georg Joachim Rhetikus - Ein Wittenberger Professor und sein Bericht über
die Bücher des Kopernikus
Georg Joachim Rhetikus (1514-1574) spielt eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Gedanken des Kopernikus. Seine "Narratio prima" ist die erste umfangreiche Darstellung der neuen Theorie. Rhetikus ist ebenfalls die maßgebliche Person bei der Herausgabe von "De Revolutionibus Orbium Coelestium", dem Hauptwerk des Kopernikus. Er ist somit eine zentrale Figur im klassischen Beispiel für einen Paradigmenwechsel nach T.S. Kuhn. Das bewegte Leben des Rhetikus wird nachgezeichnet und seine Leistungen in Astronomie und Mathematik werden gewürdigt. Insbesondere wird dabei auch auf die Entwicklung der Universität Wittenberg, deren Angehöriger Rhetikus war, eingegangen.
Mechthild Meinike, Petra Mayer
Das Leben des Hermann Oberth (1894-1989)
Bis ins hohe Alter gab der "Vater der Raumfahrt" so manchen Denkanstoß für die Wissenschaft. Viele geniale Ideen - nicht nur auf technischem Gebiet, gehen auf ihn zurück. Von "Die Rakete zu den Planetenräumen" über Weltraumspiegel zur Nutzung der Sonnenenergie bis hin zur "Wählerfibel für ein Weltparlament" reichte sein Arbeitsspektrum. Politische und gesellschaftliche Umstände führten zu einem Lebensweg, der alles andere als gradlinig war.
Arndt Latußeck
Dreyers Briefe an Hagen / Auf Schatzsuche in Birr Castle: Bibliophiles Fundraising
für den Leviathan
Im ersten Teil geht es um die Hintergründe/Gründe des Briefwechsels zwischen Dreyer und Hagen wobei ich auch kurz auf das Archiv der Specola Vaticana in Castelgandolfo eingehen werde. Im zweiten Teil beschreibe ich die Umstände der Entdeckungen von einigen Dutzend Originalveröffentlichungen aus Birr Castle, die vor einigen Monaten völlig zufällig aufgetaucht waren, und die jetzt zugunsten der Reparatur des Leviathan verkauft werden. Anschließend zeige ich einige Bilder dieser Werke.
Wolfgang Steinicke
Schein oder Sein? - Nebelzeichnungen im 19. Jahrhundert
Was heute ein beliebtes Hobby von Teleskopbesitzern ist, war früher harte Arbeit. Es gab keine Fotos; bei der Identifikation und dem Erscheinungsbild von "Nebeln" war man allein auf Positionsmessungen, textliche Beschreibungen - und eben Zeichnungen angewiesen. Was man vor sich hatte, war völlig rätselhaft. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass man als Beobachter tatsächlich oft "im Nebel" stand. Der direkte Vergleich einzelner Objekte zeigt, dass es - aufgrund der Anhängigkeit von Instrument, Erfahrung, Sehvermögen und Luftqualität - wenig "konstantes" am Himmel gab. Es wurden immer wieder andere Details wahrgenommen oder Veränderungen (Position, Form, Helligkeit) beschrieben, wo keine sind.
Lutz Clausnitzer
Wilhelm Tempel - Entdecker von Planetoiden und Kometen
Der deutsche Astronom Ernst Wilhelm Leberecht Tempel (1821-1889) ist Entdecker zahlreicher Kometen, Planetoiden und "Nebelflecke". Stationen seines Lebens findet man nicht nur in Deutschland, sondern auch in Skandinavien, Frankreich und Italien. Der Vortrag stellt Wilhelm Tempels Leben und seine Entdeckungen vor. Dabei werden zahlreiche Bilder und Dokumente aus Tempels Schaffenszeit gezeigt und Bezüge zur aktuellen Forschung hergestellt.
Thomas Weber
Aus der Geschichte der Sternwarte Sonneberg
Als vor fast 80 Jahren, am 28. Dezember 1925, auf einem Berg hoch über
der Stadt Sonneberg eine kleine Sternwarte eingeweiht wurde, ahnte sicher keiner
der Anwesenden, welchen Aufstieg dieses Observatorium nehmen würde. Garant
für diesen war sein Gründer, Cuno Hoffmeister (1892-1968), der inzwischen
eine
bemerkenswerte Karriere vom Amateurastronomen hin zu einem der führenden
Veränderlichenforscher Deutschlands genommen hatte. Im Zentrum des Vortrags
soll die weitere Entwicklung der Sonneberger Sternwarte zu einem internationalen
Zentrum der Veränderlichenforschung unter Beachtung der jeweiligen politischen
Rahmenbedingungen stehen. Aus demselben Blickwinkel sollen auch die Sonneberger
Beiträge zur Popularisierung der Astronomie und zur Verwissenschaftlichung
der Amateurastronomie betrachtet werden.
Christian Weis
Geschichte der Entdeckung und Messung der Lichtgeschwindigkeit
Schon vor über 400 Jahren versuchte Galilei vergeblich, die Lichtgeschwindigkeit zu messen. Etwa 75 Jahre später konnte Ole Römer mit Hilfe der Jupitermonde erstmals eine Größenordnung ermitteln. Durch die Entdeckung der Aberration von Bradley im Jahre 1728 war der Weg offen für eine Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit, die nur um 1,5% von dem heute gültigen Wert abweicht. Vor 150 Jahren wurden Messungen erstmals auf nichtastronomischem Wege durchgeführt (Fizeau/Foucault). Schließlich maß Michelson mit einem Interferometer eine Geschwindigkeit, die nur etwa 70 km/s vom richtigen Wert differiert. Doch dieses Gerät ist ihm zu ungenau: Mit einem anderen Aufbau bestimmt er sie auf 6 km/s genau. 1983 wird die Lichtgeschwindigkeit auf einen Standardwert festgelegt.
Daniel Fischer
Die Himmelsscheibe des Dschinggis Khan? Eine astronomische Detektivgeschichte
im Auftrag der Bundeskunsthalle
Von Juni bis September zeigte die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik in Bonn eine umfassende Ausstellung über die Geschichte der Mongolei von den Tagen des Dschingis Khan bis heute: Artefakte aus zahlreichen Sammlungen waren dazu besorgt worden, manchmal auch ohne Kenntnis, um was es sich überhaupt handelte. Im Vorfeld der Ausstellung wurde der Referent überraschend hinzugezogen, um die Bedeutung einer riesigen Sternkarte zu klären, die man in der Staatsbibliothek in Ulaan Baatar [ich benutze die Schreibweise nach der mongolischen Rechtschreibreform vor einigen Jahren, der ich im Gegensatz zur deutschen folge] ohne jede Dokumentation gefunden hatte. Nicht zuletzt mit Hilfe von WWW-Suchmaschinen gelang es gerade noch rechtzeitig, den Ursprung der Karte zu ermitteln - was auch so manche methodologische [gibt's das Wort?] Frage aufwirft.