1. Fachtagung "Geschichte der Astronomie"

Samstag 23.10.2004

- Rückblick -

Zum ersten mal veranstaltete die (neu organisierte) VdS-Fachgruppe "Geschichte der Astronomie" eine bundesweite Fachtagung. Tagungsort war Göttingen. Insgesamt kamen 35 Personen, davon 17 Mitglieder der Fachgruppe.

Mittlerweile gibt es zwei Tagungsberichte, verfasst von Manfred Holl und Hans-Dieter Gera.

Hier noch einmal das Vortragsprogramm nebst Inhaltsangabe (s.u.)

Astronomie in Göttingen (Matthias Elsen)
Astronomie und Kulturgeschichte. "Und es werden Zeiten geschehen an der Sonne und Mond und Sternen" (Dr. Jürgen Hamel)
Gottfried Adolph Kinau - ein Suhler Pfarrer verewigt auf dem Mond?! (Dr. Olaf Kretzer)
Frühe beobachtende Kosmologie in Deutschland - Leben und Werk von Carl Wilhelm Wirtz (Prof. Dr. Hilmar Duerbeck)
Astronomische Untersuchungen zum fünfgliedrigen Palisadenringsystem von Quenstedt/Schalkenburg (Mechthild Meinike)
Die Entdeckung des Coma Berenices-Galaxienhaufens (Wolfgang Steinicke)
E.F.F. Chladni und die Anfänge der Meteoritenforschung (Dr. Dominik Hezel)
Die Sonnenfinsternis vom 17. April 1912 (Hans-Dieter Gera)


Inhaltsangaben der Vorträge

Hon.-Prof. Dr. Hilmar W. Duerbeck
Westf. Wilh.-Univ. Münster und Vrije Univ. Brussel
Frühe beobachtende Kosmologie in Deutschland
L eben und Werk von Carl Wilhelm Wirtz

"The Hubble without a telescope'" (Allan Sandage)
"One of several astronomers who preceded Hubble" (Virginia Trimble)
"He discovered the expansion of the universe" (Donald Osterbrock)
All diese zwar nicht allgemein bekannten, aber doch von namhaften amerikanischen Astronomen ausgesprochenen Urteile machen es zu einer reizvollen Aufgabe, das wenig bekannte Leben und Werk von Carl Wirtz in Augenschein zu nehmen. Wissenschaftliche Institutionen - Bonn, Wien, Hamburg, Strassburg, Kiel - wissenschaftliche Forschung zwischen Kaiserreich und Nazizeit - Höhen und Tiefen hat Carl Wirtz in seinem Leben durchlaufen, und als er starb, widmeten ihm die Astronomischen Nachrichten einen einzeiligen Nachruf! Während Leben und Werk von Einstein, Hubble, Friedmann und Lemaitre mittlerweile in Büchern gewürdigt wurde, müssen wir uns aus Forschungsartikeln und Universitätsakten das Leben dieses Forschers rekonstruieren, und wollen versuchen, sein Werk in Beziehung zu setzen mit der aufblühenden kosmologischen Forschung.


Matthias Elsen
Geschichte der Göttinger Sternwarte
Ein Abriss der Astronomiegeschichte und der Entwicklung der Göttinger Sternwarte(n) vom 18 Jahrhundert bis Heute.

Was zu Lichtenbergs Zeiten auf einem alten Befestigungsturm begann, erlebte mit der Ankunft von Gauss und dem Sternwartenneubau 1807 einen ersten Höhepunkt, denn ohne Neubau mochte der Mathematicus nicht nach Göttingen kommen. Weitere Marksteine ergaben sich mit Karl Schwarzschilds Wirken und der Sonnenforschung nach dem 2. Weltkrieg.


Hans-Dieter Gera
Die Sonnenfinsternis vom 17. April 1912
Hart an der Grenze der Totalität

Am 17. April 1912 ereignete sich eine für Mitteleuropa bemerkenswerte Sonnenfinsternis. Sie war in Deutschland zwar nur ringförmig, dürfte aber trotzdem für einen spektakulären Anblick gesorgt haben, weil nicht viel zur Totalität gefehlt hatte. Mein Referat will die genauen Umstände erläutern und bringt auch den Bericht eines Augenzeugen.


Mechthild Meinike

Astronomische Untersuchungen zum fünfgliedrigen Palisadenringsystem von
Quenstedt (Schalkenburg)

Das Gelände der Schalkenburg wurde 1967 beginnend über einen Zeitraum von 19 Jahre archäologisch ausgegraben. Dabei fand man ein fünfgliedriges Palisadenringsystem mit 3 Toren. Bereits 1981 wurden astronomische Untersuchungen durchgeführt, die eine Orientierung der Tore auf den Sonnenauf- und Untergang zur Sommersonnenwende zeigen. Da sich neue archäologische Aspekte ergeben haben, waren neue astronomische Untersuchungen und auch eine wissenschaftsgeschichtliche Bewertung notwendig.


Dr. Jürgen Hamel
Astronomie und Kulturgeschichte
"Und es werden Zeichen geschehen an der Sonnen und Mond und Sternen"

Die Furcht der Menschen vergangener Zeiten vor außergewöhnlichen Himmelserscheinungen mutet uns heute merkwürdig an. Der Vortrag soll auf der Grundlage der aristotelischen Physik sowie der Heranziehung biblischer Bücher und astrologischer Deutungsschriften des 16./17. Jahrhunderts Verständnis für das Denken und Fühlen unserer Vorfahren wecken.


Dr. Dominik Hezel
Ernst Friedrich Florens Chladni und die Anfänge der Meteoritenforschung

Meteorite wurden lange nicht als außerirdische Objekte erkannt. Man glaubte, diese würden in der Atmosphäre entstehen oder seien vulkanisches Auswurfmaterial. Im Jahr 1794 veröffentlichte E. F. F. Chladni einen kurzen Aufsatz über den Ursprung der Meteorite, und legte damit den Grundstein für die moderne Meteoriten-Foschung. In meinem Vortrag werde ich auf frühe Überlegungen zur Meteoritenenstehung eingehen, danach Chladnis entscheidenden Aufsatz vorstellen und von da die weitere Entwicklung der Meteoritenforschung bis heute zeigen.


Wolfgang Steinicke
Entdeckung des Coma Berenices-Galaxienhaufens

Der Coma-Haufen ist einer der reichsten Galaxienhaufen am Himmel. Seine Entdeckung reicht bis zu William Herschel zurück. Hier gibt es allerdings Klärungsbedarf in der neueren Literatur. Der eigentliche Entdecker ist Heinrich Ludwig d'Arrest. Weitere Beiträge stammen von Bigourdan und Kobold. Max Wolf war der erste, der den Coma-Haufen mit Hilfe der Photographie systematisch erforschte. Die nachfolgende, "astrophysikalische" Epoche wird nicht behandelt.


Dr. Olaf Kretzer

Gottfried Adolph Kinau - ein Suhler Pfarrer verewigt auf dem Mond?!

Der Mond ist unser nächster Nachbar im All und wie viele meinen auch der am besten untersuchte Himmelskörper nach der Erde. Trotzdem gibt es immer wieder Überraschungen, auch für Astronomiehistoriker. Bei Recherchen für die Erstellung einer Übersicht über die Personen die auf dem Mond mit Bezeichnungen geehrt wurden, stießen amerikanische Selenographen auf den Mondkrater Kinau. Für den Namensgeber fanden sie so gut wie keine Daten und Unterlagen. Deshalb wandten sie sich an die Astronomische Gesellschaft und auf diese Weise kam die Anfrage zu Herrn Dr. Pfeiffer (Uni Mainz) und mir. In teilweise sehr aufwendigen und ausgedehnten Recherchen gelang es uns, das Leben und die astronomischen Leistungen diesen zu Unrecht vergessenen Mondbeobachters aus der Vergangenheit wieder hervorzuholen.