Zusammenfassung der Vorträge

 

Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt, Hamburg

Sterne über Hamburg - Geschichte der Astronomie in Hamburg vom 17. bis 20. Jahrhundert

Die Astronomie in Hamburg beginnt mit Tycho Brahe, der sich in Wandsbeker Schloss, im damals dänischen Gebiet, aufhielt. In der Barockzeit im 18. Jahrhundert wurden bereits Privat-Sternwarten errichtet. Die Navigationsschule in Hamburg wurde 1749 gegründet.

Johann Georg Repsold (1770--1830) errichtete sich 1802 eine Privat-Sternwarte auf dem Stintfang (über dem heutigen Hamburger Hafengebäude), dann - nach der napoleonischen Besatzung - eine neue Sternwarte mit Navigationsschule auf der Bastion Henricus am Millerntor im Jahr 1825. Diese wurde 1833 als Hamburger Staatsinstitut übernommen. Wegen der Störung der wachsenden Großstadt wurde sie nach Bergedorf an den Ostrand der Stadt verlegt, erbaut 1906 bis 1912, seit 1969 Universitäts-Sternwarte. Die eindrucksvollen Gebäude und Instrumente können noch heute besichtigt werden - ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung.

In der Tagung sollen auch astronomische Einrichtungen in der größeren Umgebung Hamburgs thematisiert werden, z.B. die Sternwarte Kiel, Bothkamp, Bremen und Lilienthal oder auch der Gottdorfer Globus in Schleswig - ein barockes Meisterwerk und Astronomische Uhren in Hansestädten der Ostsee.

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Jürgen Kost, Tübingen

Äquatoreale - Meisterwerke der Technik

Äquatoriale (auch Äquatoreale) sind astronomische Vollkreisinstrumente zur direkten Messung von Himmelsörtern. Gegenüber einem Meridiankreis kann mit einem Äquatorial auch außerhalb des Meridians gemessen werden. Bereits der dänische Astronom Ole Rømer (1644-1710) konstruierte um 1690 mit seiner “Machina aequatorea“ den prinzipiellen Aufbau eines Äquatorials. Die Firma Repsold in Hamburg baute zwischen 1841 und 1867 vier große Äquatoriale für die Sternwarten in Christiania (Oslo), Altona, Gotha und Hamburg.

Trotz großer technischer Anstrengungen, wie z.B. der “Gewichtsaufhebung“ gelang es letztendlich nicht die mechanischen Probleme dieser Instrumente so weit zu reduzieren, dass dem Meridiankreis vergleichbare Messgenauigkeiten erzielt werden konnten. In der Folgezeit wurden daher praktisch alle Äquatoriale zu normalen Refraktoren zurückgebaut. Im Vortrag wird die Geschichte und Technik der großen Repsold-Äquatoriale vorgestellt.

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Dr. Wolfgang Steinicke, Umkirch

George Rümkers Hamburger Nebelbeobachtungen

Der Hamburger Astronom George Rümker entdeckte zwar nur ein NGC-Objekt, war aber dennoch ein vielbeachteter visueller Beobachter. Seine wichtigste Arbeit war die Untersuchung der „Circumpolarnebel“. Die Positionen dieser polnahen Objekte wurden 1860-67 mit Instrumenten der Hamburger Sternwarte am Millerntor sehr genau bestimmt. Als 1867 das 26 cm-Repsold-Äquatoreal in einem eigenen Turm installiert wurde (seit 1912 steht es in Bergedorf) führte Rümker von 1870-80 eine zweite Beobachtungskampagne durch, zeitweise unterstützt von Carl Frederik Pechüle, von 1870-72 Assistent an der Sternwarte. Die Ergebnisse wurden 1895 unter dem Titel „Positionsbestimmungen von Nebelflecken und Sternhaufen“ publiziert.

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Dr. Walter Stephani, Hamburg

Bernhard Schmidt, Optiker – Sein Leben im Spiegel seiner Werke

Über das Leben Bernhard Schmidts sind viele Anekdoten im Umlauf, sein Wesen wird oft auf das eines Sonderlings und sein Werk wird oft auf die große Erfindung des „Schmidtspiegels“ reduziert. Anhand bekannter und neu aufgefundener Quellen soll in diesem Vortrag ein vollständigeres Bild skizziert werden, um dem Menschen und seinem Werk besser gerecht zu werden.

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Dr. Arnold Oberschelp, Heikendorf

Über die Größe des Ptolemäischen Weltsystems (im Vergleich zum Kopernikanischen Planetensystem)

Auf der Tagung 2008 in Kassel hatte ich über die (erstaunlich guten) Angaben von Kopernikus zur Größe des heliozentrischen Planetensystems gesprochen (gemessen im mittleren Abstand Erde-Sonne, d.h. in astronomischen Einheiten au). Dabei tauchte die Frage nach der entsprechenden Größe des geozentrischen Ptolemäischen Systems auf.

Es stellt sich heraus, dass es zwei leicht unterschiedliche Antworten auf diese Frage gibt, die beide auf Ptolemäus zurückzuführen sind. Eine Entfernungstabelle, in der die Fixsternsphäre 20 000 Erdradien entfernt ist (das entspricht 16,529 au in „seiner“ mittleren Sonnenentfernung), wurde zwar von Ptolemäus selbst in den „Hypothesen über die Planeten“ veröffentlicht, aber noch vor 50 Jahren war sein Text hierzulande nicht bekannt. Eine andere Entfernungstabelle ergibt sich eindeutig  aus den Daten des „Almagest“ und führt zu einem etwas größeren Wert (größte Saturnentfernung 20764 Erdradien (entsprechend 17,160 au). Das geozentrische Modell des Planetensystems ist somit wesentlich größer als das heliozentrische. Beide Systeme werden im gleichen Maßstab einander gegenübergestellt.

Die Kopernikanischen Daten des heliozentrischen Systems sind bereits  in den Ptolemäischen Daten des geozentrischen Systems enthalten. Kopernikus hat sie heliozentrisch umgedeutet.

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Dr. Klaus Stepputat, Kiel

Das Bild des Amateur-Astronomen im Wandel der Zeit

Geschichte und Geschichten um bekannte oder auch vergessene Personen, welche die Astronomie frei, also nicht ausschließlich zu ihrem Broterwerb betrieben. Die Benennung für diese Astronomen erstreckt sich über einen Spannungsbogen, der mit den unterschiedlichsten Vorsilben wie Privat-, Amateur-, Liebhaber-, Hobby-, Volks- und Straßen-Astronom begann, schließlich bei Sterngucker und Dilettant enden mochte. Letztere Bezeichnung stammt wortwörtlich vom ungarischen Fachastronomen v. Konkoly, der pikanterweise anfangs auch „nur“ Besitzer einer Privatsternwarte war, und ist so zitiert in dem kleinen Büchlein „Der Amateurastronom“ von Gideon Riegler, um 1909, auf Seite 32.

Eine Liste der Vor- oder Hauptberufe der bekannten, sich jemals ernsthaft mit Astronomie beschäftigt habenden Persönlichkeiten liest sich wie ein fast vollständiger Berufskatalog früherer und heutiger Professionen: Musikant, Kupferstecher, Papierfabrikant, Tuchverkäufer, Eisenhändler, Advokat, Arzt, Apotheker, Lehrer, Maler, Lithograph, Postmeister, Ingenieur, Landwirt, Gutsherr, Amtmann, Geometer, Steuerbeamter, Fabrikant, Theologe, Domherr, Pfarrer, Buchhändler, Braumeister, Buchhalter, Uhrmacher, Schriftsteller,... bis zum Bauern, Schlosser, Zimmermann, Schneidergesellen, Ladenschwengel, Hausmeister, Matrosen, Kuhhirten, politischen Abenteurer und Journalisten.

So zitiert (und durch mich ergänzt) von Leo Brenner, selbst einer der schillerndsten Persönlichkeiten unter den (Amateur-) Astronomen. Dabei entwickelten sich zuweilen tragikomische Schicksale, die nicht selten erst durch die erstaunlichen Entdeckungen oder Dokumente dieser Beobachter bekannt wurden. Den Ruf, den diese Amateur-Astronomen der Vergangenheit in ihrer Umwelt erwarben, mag vielleicht noch jetzt sein Echo auf den Ruf und das Ansehen heutiger Amateure zurückwerfen?

Das Streben nach Bekanntheit oder allgemeiner Anerkennung war (und ist oft noch heute?) ein wesentliches Motiv, aber auch eine gefährliche Versuchung für Amateure und Profi-Astronomen, damals wie heute.

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Dr. Olaf Kretzer, Suhl

Projekt einer astronomiegeschichtlichen Datenbank Thüringens

Thüringen hat mit Jena eine Stadt die voller Astronomiegeschichte steckt. Namen wie Zeiss, Abbe oder Weigel sind wohl allen die sich mit Astronomiegeschichte beschäftigen ein Begriff. Aber aus diesem Grund die Astronomiegeschichte Thüringens auf Jena oder ergänzend Gotha zu begrenzen ist ein großer Fehler. Aus diesem Grund sammle ich seit Jahren Informationen über bedeutende Astronomen, Sternwarten und Planetarien - existierende und vergangene, astronomische Beschreibungen in alten Chroniken, Informationen über Bauwerke mit astronomischen Bezügen u.s.w.. Hinzu kommen aber auch Informationen über Raumfahrtgeschichte denn auch hier hat Thüringen etwas zu bieten. Damit solche Informationen nicht verloren gehen und um sie für die Öffentlichkeit auf zu bereiten soll eine astronomiegeschichtliche Datenbank entstehen über die im Vortrag berichtet werden wird.

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Dr. Arndt Latusseck, Hildesheim

Kurze Geschichte der visuellen Milchstraßendarstellungen